Auch in der Frühen Neuzeit war Neujahr ein wichtiges Datum. Man verschickte nicht nur die obligatorischen Grußschreiben zum Jahreswechsel, in denen man alles Gute für das neue Jahr wünschte, sondern man machte sich auch Geschenke. Im Kloster Bronnbach brachte zu Neujahr 1726 ein gewisser Simon Koch eine Torte für den Abt vorbei, der Gärtner schenkte Pomeranzen und die Mutter des Pfarrers von Dörlesberg verehrte dem Abt gar einen welschen (italienischen) Hahn. Alle drei bekamen ganz selbstverständlich Bargeld als Gegenschenk, meist einen Gulden. Weniger bekam der Schneider aus Dörlesberg, als er einen Kuchen als Neujahrsgeschenk ins Kloster brachte. Da war es nämlich schon Februar, und für die Verspätung gab es sozusagen Abzug.
Geschenke unter Geschäftspartnern
Heute zählten diese Geschenke und Gegengeschenke zum Neuen Jahr vermutlich zur Kontaktpflege unter Geschäftspartnern. Wer vom Kloster etwas wollte, der kreuzte mit einem Geschenk auf. Umgekehrt galt dasselbe, weshalb das Kloster an Neujahr regelmäßig dem Wertheimer Apotheker Neubig einen Gulden verehrte. Aus anderen Klöstern sind auch größere Geschenke wie Andachtsbilder, Rosenkränze, Weihwassergefäße, aber auch Liköre oder ganze Käse als Neujahrsgeschenke überliefert. Die Abteien arbeiteten daran das ganze Jahr über und bedachten die Beschenkten je nach Wichtigkeit. Dergleichen ist aus Bronnbach nicht bekannt. Es gibt auch keine Hinweise, dass Bronnbach Geschenke mit anderen Klöstern ausgetauscht und so manche Kontakte besonders gepflegt hätte, wie dies andere Zisterzienserklöster taten.
Mit einem Neujahrspräsent in Geldform durch den Abt konnten auch die Klosterbedienten rechnen, also diejenigen Leute, die im und für das Kloster arbeiteten. 1730 erhielten der Diener des Abts und ein Kammerdiener Geld, zwei Köche und die Küchenjungen, Jäger, Metzger, Schneider, Büttner und Musikanten. Gleiches galt für die Frau des Kochs und die Fischerin, die beide – vermutlich ihrerseits mit einer kleinen Aufmerksamkeit – beim Abt vorgesprochen hatten, um ihm ein gesegnetes neues Jahr zu wünschen. So machte es in diesem Jahr auch der Wertheimer Apotheker, der dafür wieder mit einem Gulden beglückt wurde.
Neujahrskonzerte im 18. Jahrhundert
Eine Gruppe profitierte besonders von den Neujahrsgeschenken: die Musiker. Die Gabe für Musikanten im Januar war ein regelrechter Brauch. Insbesondere die Turmbläser der katholischen Orte der Region kamen nach Bronnbach, bliesen ein Ständchen und wurden dafür vom Abt honoriert. Turmbläser aus Grünsfeld, Walldürn, Tauberbischofsheim, Lohr, Lauda, Hammelburg und Karlstadt kamen regelmäßig im Januar ins Kloster, auch Trompeter aus Würzburg und Waldhornisten aus Schöntal lassen sich nachweisen. 1730 bekam der Türmer aus Lauda sogar zwei Gulden mit dem Hinweis, er habe in Kirche und Konvent bei der Musik geholfen – ein Hinweis auf festliche Gottesdienste, in denen nicht nur die Orgel spielte. 1730 stehen Discantisten, Hautboisten, Pauker und Trommelschläger in der Rechnung mit den Neujahrsverehrungen. Dies dürfte ein Hinweis sein auf die musikalische Gestaltung der Festgottesdiente um Weihnachten und Neujahr im Kloster, über die man ansonsten leider gar nichts weiß. Für das Jahr 1760 sind „Spielleute“ und „Mainzer Trompeter“ vermerkt, außerdem bekamen damals „Stern-Buben“ etwas Geld vom Abt – da waren Sternsinger unterwegs gewesen.
Die Klosterangestellten dürften das „Neujahrsgeld“ als Teil ihrer Bezahlung empfunden haben, gewissermaßen eine regelmäßige übertarifliche Sonderzahlung. Wo es mehr um Kontaktpflege ging und Geschenke gemacht wurden, waren Kalender eindeutig der Renner. Im Würzburger Hof des Klosters verehrte der „Silberbote“ Jörg Götz dem Bronnbacher Abt 1720 gleich drei Kalender: einen „langen“, einen Bauern-Kalender und einen „gar kleinen“. Außerdem hinterließ Götz noch grünes Siegelwachs und drei rote Würfel für den Abt. Der Würzburger Klosterhof beging Neujahr übrigens auf die gleiche Weise wie die Klosterzentrale im Taubertal: Geldgeschenke für die Bediensteten, für Bader, Apotheker und Kaminfeger, und zur Pflege des Kontakts mit wichtigen Würzburger Einrichtungen. So stehen 1722 der Geistliche Rat, die weltliche Kanzlei und der Dekan des Neumünsterstifts Würzburg in der Liste derjenigen, die Neujahrsgeschenke von Bronnbach erhielten. Wer Traditionen und Kontakte pflegen wollte, musste eben auch damals schon zu Ausgaben bereit sein.
Druck: Fränkische Nachrichten 31.12.2013